Greenwashing und Weltverbesserung mit Eiscreme?
Wer sich ein Ben & Jerrys Eis genehmigt, tut damit nicht nur sich selbst, sondern auch anderen etwas Gutes. Schließlich kommt die für das Speiseeis genutzte Milch, sofern man der Werbung Glauben schenkt aus Familienbetrieben. Die Eier wurden von Freilandhennen gelegt und als Tüpfelchen auf dem I gibt es auf sogar noch ein Fairtrade-Siegel obendrauf. Zusätzlich werden knapp 7 % der Gewinne gespendet und die Ben und Jerry’s Mitarbeiter freuen sich über überdurchschnittliche Löhne.
Widmet man sich bei Ben und Jerry‘s nicht gerade der Herstellung neuer, verrückter Geschmackssorten wie beispielsweise „Waffeleiscreme mit gesalzener Karamellsauce“, setzt man sich ganz nebenbei für eine bessere Welt ein. Egal ob Klimagerechtigkeit, Ehe für alle oder Flüchtlingshilfe: Ben und Jerrys engagiert sich !
Was 1978 unter der Prämisse der beiden Hippies Ben & Jerry „mit fair produziertem Eis die Welt ein bisschen besser machen“ begann, scheint auch seit der Übernahme von Unilever im Jahr 2002 fortgeführt zu werden. Anhand von Ben und Jerry’s Erfolgsgeschichte kann man sehen, dass sich Porter’s Leitsatz „whats good for society is good for business“ tatsächlich bewahrheiten kann.
Übrigens: Seit mehr als einem Jahr gibt es Ben und Jerrys sogar in einer kalorienreduzierten Variante, so dass Konsumenten nicht einmal beim Verzehr der eigentlichen Kalorienbomben ein schlechtes Gewissen haben müssen.
Das alles klingt für Sie zu gut, um wahr zu sein? Ihre Skepsis ist begründet: Wie sich während unserer Recherche herausstellte, ist der Eishersteller nämlich nicht nur Experte in Sachen Eisherstellung verbunden mit sozialem Engagement, sondern auch in Sachen Greenwashing.
Werfen wir einmal einen Blick auf die Milchherstellung: Mit dem hauseigenen Programm „Caring Dairy“ unterstützt Ben und Jerrys Familienbetriebe nicht nur durch den Kauf der Milch, sondern auch dabei, nachhaltige Produktionsmethoden anzuwenden.
Das Problem dabei: Nur ein kleiner Anteil der verwendeten Milch ist von glücklichen Kühen unter Umweltauflagen hergestellt worden – der Rest der Milch wird, wie der Kölner Stadtanzeiger 2019 berichtete von Kühen aus Massentierhaltung gewonnen und das, obwohl laut Firmenwebsite „die nachhaltige Herstellung im Vordergrund steht.“
Im Oktober 2019 wurde diesbezüglich sogar Klage seitens eines Umweltaktivisten eingereicht – zum laufenden Verfahren hat sich Ben und Jerrys bisher nicht geäußert.
Zurück zur Milchherstellung: Ben & Jerry's zahlt seinen Milchbauern laut Mercola tatsächlich weniger als die Kosten für die Milchproduktion. Die U-S amerikanischen Bauern verzeichneten 2017 laut Mercola einen durchschnittlichen Verlust von 125.000 Dollar jährlich. Der Eishersteller hingegen erfreut sich an stetig steigenden Umsätzen und wirbt damit, Bauern gerechte Preise zu zahlen.
Obwohl Ben und Jerry’s mit „gesundem, verantwortungsbewussten Wachstum“ werben schien dies den Konzern nach Angaben von Mercola nicht daran zu hindern, seit der Firmengründung Ender der 70er fast 3.000 der Milchbauern des Bundesstaates Vermont von ihrem Land zu vertreiben, sobald diese nicht in der Lage waren, den finanziellen Belastungen einer kostenlosen oder - schlimmer noch - verlustreichen Arbeit standzuhalten.
Laut ihrer Website haben es sich Ben und Jerrys zur Aufgabe gemacht, „innovative Wege zu beschreiten, um die Lebensqualität innerhalb der Gesellschaft zu verbessern“ – weswegen sich im Jahr 2017 jedoch in 13 von 14 Eisproben Glyphosat nachweisen ließ, ist fraglich (Quelle FAZ).
… Es wäre auch zu schön gewesen, wenn das Märchen vom „Weltverbesserereis“ gestimmt hätte. Uns stellt sich die Frage, ob es bei Ben und Jerry’s tatsächlich um soziales Engagement geht, oder darum, dieses als Marketingmaßnahme zu nutzen, um das Image weiter zu stärken.
Fakt ist, dass jede Form des Engagements besser ist als kein soziales Engagement. Gerade große, multinationale Konzerne haben die Möglichkeit, Verbraucher auf Missstände aufmerksam zu machen und in Form von Initiativen etwas gegen diese zu unternehmen.
Trotzdem und gerade deswegen sollten die vom Unternehmen propagierten Werte mit der Wirklichkeit übereinstimmen und nicht im Kontrast zu ihnen stehen.
Wie so oft gilt: Klingt etwas zu schön, um wahr zu sein, lohnt sich ein zweiter, genauerer Blick.
Quelle zu Greenwashing:
https://articles.mercola.com/sites/articles/archive/2017/08/08/ben-and-jerrys-greenwashing.aspx
https://regenerationvermont.org/20-years-of-greenwashing/
Quelle zu Klage
Quelle zu Glyphosat