Vom Unterschied zwischen Beliebtheit, Leistung und Erfolg
Viele Führungskräfte stehen scheinbar vor einem Dilemma: Um mit dem Team oder dem Unternehmen erfolgreicher sein zu können, muss einfach mehr getan werden. Doch wie erreichen sie das? Müssen sie zu den Mitarbeitern strenger sein, mehr fordern? Dann gelten diese Führungskräfte doch als autoritär und sind unbeliebt. Aber mit mehr Verständnis und Zuwendung – da ist man als Person vielleicht beliebter…aber macht sie das erfolgreich?
Sie wollen volle Leistungsfähigkeit erreichen? Bei sich selbst und Ihren Mitarbeitern? Dann brauchen Sie bei sich selbst und den Menschen in Ihrer Umgebung ein Bewusstsein für das eigene Selbst: Sie stellen Ihre Meinung und Autorität zur Verfügung und leuchten offen Perspektiven aus. Leistungsfähigkeit braucht eine kooperative Grundhaltung für Konflikte und scheut auch nicht vor vermeintlichem Widerstand zurück. Sie braucht Menschen, die vernetzt denken und übergeordnet Verantwortung für das Ganze übernehmen und dabei noch eine hohe Frustrationstoleranz besitzen und die beharrlich bleiben bei der Vertretung ihrer Standpunkte.Ganz schön viel verlangt - von sich und den Anderen.
Wie gelangt man dahin? Wie gelingt diese innere Stärke und Abgeklärtheit, insbesondere, wenn man als Führungskraft jeden Tag „vorne“ steht und die Verantwortung trägt? Das Rezept dafür sind Selbstliebe, Selbstfürsorge und Selbstwert. Und damit die Fähigkeit, andere Menschen zu beachten, zu mögen, ihnen zuzuhören, sie anzuerkennen, Beziehungen zu pflegen. Auf diese Weise stellen Sie Beteiligung her, was wiederum gemeinsamen Sinn erzeugen wird. Und damit Wirkung.
Was für eine Übung! Sich selbst mit seinen Mühen, Erfolgen und seinem Scheitern anzuerkennen, sich selbst ein Lob auszusprechen, sich selbst zu lieben – wie fragwürdig das klingt! Es ist jedoch die Voraussetzung für gelingende Beziehungen, die Fähigkeit zu loben, den Anderen in all seiner Differenziertheit zu erfassen und damit Tragfähigkeit und Identifikation herzustellen.
Die Frage nach dem Sinn. Diese Frage beantwortet sich nur vordergründig sachlich und inhaltlich. Zuerst muss die Akzeptanz meiner Person – in mir selbst – sichergestellt sein, um meine volle Wirkung entfalten zu können. Ich muss auch meine Schwächen bejahen, um an ihnen "arbeiten" zu können.
Dieses Momentum: Selbstliebe. Selbstfürsorge. Selbstwert – ohne diese "3" funktionieren wir alle nur unvollkommen und werden unvermeidlich narzisstische Symptomatiken entwickeln, um mit uns im Gleichgewicht zu bleiben. Das heißt zum Beispiel: Besonders laut werden, besonders witzig, aggressiv oder zurücknehmend, geizig, missgünstig oder wütend. Wenn ich mich nicht gesehen fühle, nicht be-achtet werde, werde ich entweder auffällig oder gänzlich unauffällig. Dahinter buhlen wir alle ein Leben lang um die existenzielle Nahrung, die da ungeteilte Liebe heißt.
Was bedeutet das aber nun für leistungsorientierte Unternehmen, die im harten Wettbewerb stehen? Es bedeutet, dass eine wertschätzende, lobende Kultur der Leistungsschlüssel schlechthin ist. Die Pflege wahrhaftiger Beziehungen, durch eine Feedback-Kultur und Modelle der Beteiligung und der geteilten Verantwortung führt zur Erlangung sinnvoller, leistungsorientierter und kreativer Arbeitsergebnisse.
Wohin Menschen tendieren, sollten sie sich ignoriert, vernachlässigt und gedemütigt fühlen, lässt sich politisch aktuell schmerzlich beobachten – sie reagieren mit Wut oder Depression. Diese Phänomene verbergen ihre Bedürfnisse nach Bestätigung, eben ihres Selbstwertes.
Politisch, privat und wirtschaftlich liegt der Moment gemeinsamen Erfolgs (oder besser Erfüllung) in der Hingabe und Zumutung zu mir selbst und denen, die ich brauche. Eine scheinbar herkulische Aufgabe, die allerdings eher eines Sisyphus bedarf. Den wir uns ja bekanntlich nach Albert Camus "als glücklichen Menschen" vorstellen müssen – wann haben SIE sich denn das letzte Mal geliebt und sich aktiv Wertschätzung entgegengebracht?