„An der Spitze ist es einsam.“
Zugegeben, kein wirklich neues oder gar unbekanntes Thema. Aber immer (noch) ein bewegendes Thema – vor allem für die „Zielgruppe“.
Schicke Villa, tolle Ehefrau, zwei Kinder, eine großartige Karriere und natürlich der entsprechende Fuhrpark. Kurz: Ein Leben wie aus dem Bilderbuch. Genau dieses vermeintlich perfekte Leben führen viele erfolgreiche Führungskräfte. Dann kommt die überraschende Wendung: Die Traumfrau verlässt den Gatten vermeintlich aus dem nichts, nimmt Kind und Kegel mit und plötzlich sitzt der Manager alleine in der einst gemeinsamen Traumvilla. Spätestens jetzt fällt ihm auf, dass er keine oder nur wenige Freunde hat – schließlich blieb neben der Arbeit nie viel Zeit für Privates. Auch auf der Arbeit hat er keine Kollegen oder Freunde, stattdessen nur Mitarbeiter.
Das „plötzliche“ verlassen-werden sowie die nicht-vorhandenen Freunde sind jedoch nicht die Ursache der Einsamkeit. Stattdessen sitzt die Ursache seit Jahren am Schreibtisch oder hetzt zum nächsten Geschäftstermin. Die Führungskraft und ihr eigenes Verhalten selbst sind somit der Keim der Einsamkeit.
Werfen wir einmal einen Blick auf den Manageralltag: Bereits in mittleren Managementpositionen nehmen die Geschäftsreisen zu und das Arbeitspensum steigt mit jedem Schritt auf der Karriereleiter. Entsprechend wenig Zeit bleibt für das Pflegen von Freundschaften oder ein gemeinsames Familienleben. Die Folge: Freundschaften zerbrechen, Kinder werden vernachlässigt und aus der glücklichen Ehe wird eine Zweckgemeinschaft, in der sich zumeist die Ehegattin vernachlässigt fühlt.
Das größte Problem hierbei ist, dass Führungskräfte auftretende Probleme im Privatleben häufig (un)bewusst ausblenden, um im Arbeitsalltag zu funktionieren. Die Abwärtsspirale in Richtung Einsamkeit beginnt also hier.
Eine weitere Ursache für die Einsamkeit: Es ist noch immer gesellschaftlich verpönt, als Führungskraft über Schwächen zu sprechen und zuzugeben, dass man sich einsam fühlt. Falsche Freunde versuchen ins Leben des Managers zu treten: Der Kreis derer, denen eine Führungskraft auf beruflicher Ebene vertrauen kann schrumpft mit jeder Hierarchiestufe.
Darüber hinaus führt beruflicher Erfolg zu einem großen Maß an Respekt im sozialen Umfeld wodurch das Knüpfen freundschaftlicher Beziehungen zusätzlich erschwert wird.
Die Folgen von Einsamkeit sind weitreichend: Neben einer erhöhten Burn-out-Gefahr und anderen psychischen Erkrankungen steigen auch das Sterberisiko und Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einsamkeit tut somit wortwörtlich weh.
Doch warum nimmt man all das für die Karriere in Kauf? Die klassische Antwort darauf lautet „weil ich meiner Familie ein tolles Leben ermöglichen möchte.“ Ob Frau und Kinder nicht mit ein paar Quadratmetern Wohnfläche und weniger exklusivem Urlaub im Gegenzug zu mehr Familienleben einverstanden wären, ist die andere Frage. Der eigene Wunsch sich zu beweisen und es nach ganz oben zu schaffen sind die wahre Ursache.
Laut der von der Harvard Business Review durchgeführten CEO-Snapshot Survey fühlt sich fast die Hälfte aller CEO’s einsam – höchste Zeit einmal einen Blick auf die eigene Work-Life-Balance zu werfen.