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Verantwortung in der Lieferkette? - Beginnt als Konsumenten bei uns selbst!

Dass an der Produktion Ihres Hemdes die ein oder andere Kinderhand beteiligt war und dass für Ihr Lieblingssteak ein Fleckchen Regenwald abgeholzt wurde, können Sie vermutlich nicht ausschließen. Trotzdem gehen Sie diesbezüglich vermutlich ohne Gewissensbisse durchs Leben.

Und wissen Sie was? Ich verfasse diesen Blogpost gerade während ich Kaffee ohne Fairtrade-Siegel trinke und ein Hemd eines Fast-Fashion-Unternehmens trage – angeprangert werden Sie in diesem Blogpost somit nicht. Stattdessen wird es um Verantwortung in der Lieferkette gehen. Wer trägt Sie eigentlich? Wir als Konsumenten? Die Hersteller? Die jeweiligen Länderregierungen in den Herstellungsländern? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einmal einen Blick auf die Lieferkette eines herkömmlichen T-Shirts.

Indien ist einer der Hauptanbaugebiete für Baumwolle – und gleichzeitig einer der Länder mit der höchsten Kinderarbeitsrate.

Die simple Lösung: Hersteller schließen nur Verträge mit Baumwollproduzenten ab, wo keine Kinder beschäftigt sind. Selbstverständlich werden „unabhängige, stichprobenartige Kontrollen“ seitens des Textilherstellers durchgeführt. Das liest sich nicht nur gut im CSR-Bericht, sondern erleichtert im Zweifelsfall auch das Gewissen der Verbraucher.

Die Reaktion der Baumwollhersteller? – Die Kinder verstecken sich während der Kontrollen. Mal davon abgesehen, ist es sowohl in Indien als auch in Pakistan erlaubt, ab dem 14. Lebensjahr zu arbeiten.

Weiter geht’s mit der Baumwollverarbeitung: Nachdem Baumwollfasern aus der gepflückten Rohbaumwolle gewonnen wurden, wird diese gefärbt. Die dafür eingesetzten Chemikalien landen meistens ungefiltert im Fluss – aus ökologischer Sicht eine Katastrophe, aus wirtschaftlicher Sicht eine günstige Lösung.

Im nächsten Schritt wird die Baumwolle in ein T-Shirt verwandelt. Hier sind neben China auch Indien und Bangladesch beliebte Anlaufstellen für Textilunternehmen – trotz Kinderarbeit und Hungerlohn für die Näherinnen. Selbst wenn hier alles menschenrechtskonform ablaufen würde – in den beiden vorigen Schritten wäre das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Zudem kann nicht gewährleistet werden, dass die verwendeten Nähmaschinen unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. Hierzu müssten die Herstellungsbedingungen der verwendeten Schrauben und Einzelteile der Nähmaschine rückverfolgt werden. Zusätzlich die Herstellung der Rohmaterialien für die Einzelteile und so weiter. Eine vollständige Rückverfolgung ist nicht nur unrealistisch, sondern auch mit einem entsprechend hohen Kostenaufwand verbunden.

Unser T-Shirt ist hier natürlich noch nicht am Ziel, sondern muss noch nach Deutschland transportiert werden. Am günstigsten geht dies per Schiff. Dass hierbei große Mengen Schweröl ins Meer gelangen, ist inzwischen bekannt – dass die Arbeitsbedingungen- und Lebensbedingungen auf Frachtschiffen häufig menschenunwürdig sind, ist uns jedoch oft nicht bewusst.

Fakt ist: Ein herkömmlich produziertes Kleidungsstück lässt sich theoretisch nicht mit gutem Gewissen tragen. Auch vermeintlich ökologisch und fair hergestellte Kleidungsstücke großer Modekonzerne werden nach allen Regeln der Kunst des Greenwashings auf nachhaltig und fair getrimmt, obwohl die Produktion wenig damit gemein hat.

Nun stellt sich die Frage, wer für die miserablen Zustände in unserer Lieferkette verantwortlich ist ?

Der Modekonzern selbst, wählt seine Zulieferer auch und kann entsprechende Vorschriften machen. Auch kann er dem Zulieferer vorschreiben, seine Zulieferer zu kontrollieren und entsprechende Standards aufzuerlegen. Die simple Theorie dahinter: Sobald jeder seinen eigenen Zulieferer kontrolliert und entsprechende Standards auferlegt, ist „alles im grünen Bereich“. Doch wie sieht es in der Praxis aus?

Ein Beispiel: Ein Konzern wie Adidas hat nach eigenen Angaben 800 unabhängige Lieferanten und produziert in 55 Ländern. Durch stichprobenartige Kontrollen sollen menschenwürdige Arbeitsbedingungen gewährleistet werden. 2019 stand der Konzern allerdings in der Kritik: In einer Produktionsstädte in Myanmar wurden Arbeiter mit Eisenstangen taktiert.

Ist adidas dafür verantwortlich, noch mehr Kontrollen durchzuführen?

Theoretisch wäre es doch Ländersache, entsprechende Gesetze zu erlassen, die einen menschenwürdigen Arbeitsplatz vorschreiben? Hierbei gibt es drei grundsätzliche Probleme:          

1. Kann kein Land ein anderes Land zwingen, entsprechende Gesetze einzuführen.

 2. Werden diesbezügliche Gesetze häufig umgangen. Dies geschieht beispielsweise durch gefälschte Ausweise der Kinder oder durch das Verstecken von Kindern, sobald Kontrollen stattfinden.

3. Trägt Kinderarbeit häufig zum Überleben der Familien bei. Würde die Kinderarbeit konsequent verboten werden, würden viele Familien noch mehr Hunger leider.

Auf Konsumentenseite könnten wir etwas verändern, indem wir nur bei Firmen einkaufen, die Baumwolle in der EU anbauen und beispielsweise in Deutschland produzieren. Ob die verwendeten Nähmaschinen oder die für den Transport genutzten Reifen menschenrechtskonform hergestellt wurden, ist trotzdem fraglich.

Fakt ist: Selbst die durchsichtigste und nachhaltigste Lieferkette wird ab einem bestimmten Punkt undurchsichtig.

Die Verantwortung liegt bei uns Konsumenten, die Nachfrage nach fair produzierter Kleidung zu steigern – nur dann bemühen sich Modekonzerne die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Produktion im Zweifel zu verlagern. Zusätzlich haben wir als Konsumenten die Pflicht, uns zu informieren:

Wurden wirklich alle Kleidungsstücke nachhaltig produziert oder handelt es sich bei dem als nachhaltig angepriesenen T-Shirt um das einzige nachhaltige Exemplar in der gesamten Kollektion?

Wie steht es um die Nachhaltigkeitssiegel? Welche Auflagen muss ein Unternehmen erfüllen, um sein Produkt damit auszuzeichnen? Gerade in diesem Bereich ist der Anteil an geschicktem Marketing meist höher als der tatsächlich Nachhaltigkeitsanteil. Während „der grüne Knopf“ beispielsweise ein staatliches Nachhaltigkeitssiegel ist, „erfinden“ Firmen auch gerne einmal Ihr eigenes Siegel.

Auch bei Produkten aus „ocean-waste-plastic“ sollten wir als Verbraucher genau hinsehen: Wie hoch ist der Anteil des Plastiks im Produkt? Wurde das Plastik tatsächlich aus dem Meer gesammelt oder handelt es sich um am Strand gesammeltes Plastik?

Diese Liste mit kritischen Fragen ließe sich endlos weiterführen. Im Grunde geht es jedoch wie so oft im Leben darum, kritisch zu hinterfragen. Wir müssen uns darüber bewusstwerden, dass wir unser eigenes Handeln optimieren müssen und die Verantwortung nicht auf andere abwälzen können. Egal ob es sich um Führungsthemen oder undurchsichtige Lieferketten handelt: Veränderung beginnt bei uns selbst.